Frisch vom Index
Filme verbieten ist die beste Werbung. Auch wenn es die Schweiz mit der Zensur meist nicht so genau nimmt wie der grosse Kanton im Norden, orientiert man sich hierzulande doch am Deutschen Index. Die Nische wirft ein Auge und diverse andere Körperteile auf unsere Lieblingsfilme, die in der nahen Vergangenheit vom diesem entfernt wurden. Von vergessenen Kung-Fu Perlen bis zu Splatter-Klassikern und Realismus-Horror «at it's best» ist alles dabei. Sogar eine Filmperle, die sich weiterhin in vielen Ländern auf der Verbotstafel befindet und die wir als Geschenk an unser genre-affines Publikum trotzdem zeigen – oder eben drum.
Achtung:
Fast alle Filme enthalten explizite Szenen starker Gewalt. Einige davon auch Vergewaltigung und sexuelle Gewalt gegen Frauen, Folter und Verstümmelung.
Alle Filme laufen bei uns in der ungeschnittenen Fassung.
Programmation: Das Nische-Horror-Duo
So 01. Oktober 2023 • 19:30 Uhr
The Man From Hong Kong
Das kultige, auf Kung-Fu Filme spezialisierte Hong-Kong Studio Golden Harvest expandiert: Jimmy Wang Yu (bekannt geworden durch seine Rolle als einarmiger Boxer,) kommt als Bruce Lee- Verschnitt nach Sydney und legt sich mit dem hiesigen Drogenboss (Ex-«Bond» George Lazenby) an.
Ein Paradebeispiel dafür, wie ein Film ohne erkennbaren Grund für knapp 40 Jahre auf dem Index landen kann. Er erhielt 2008 Aufmerksamkeit durch ein Segment in der Doku «Not Quite Hollywood» über australisches Genrekino, in der Quentin Tarantino den Film in höchsten Tönen lobte. Der Film trieft nur so vor Stunts und grandiosen Actionszenen (choreografiert von einem noch sehr jungen Sammo Hung), und sticht im Vergleich zu zahlreichen ähnlichen Produktionen im Kung-Fu-Boom der 70er-Jahre durch seine Kombination aus Hongkong-Fachwissen und australischer Überschwänglichkeit heraus.
106 Min, en/de, digital
Regie: Brian Trenchard-Smith
So 08. Oktober 2023 • 19:30 Uhr
Eden Lake
Das junge Paar Jenny (Kelly Reilly) und Steve (Michael Fassbender) fährt einem lauschigen Campingtrip zu einem abgelegenen Waldsee entgegen. Steve will seiner Freundin hier einen Antrag machen und wartet den richtigen Zeitpunkt ab. Doch dazu kommt es nicht, denn die Idylle wird von einer lautstarken Jugendbande gestört. Diese haben sich mit ihren bissigen Rottweilern und dröhnender Musik ebenfalls am Wasser breit gemacht. Als Steve sie freundlich bittet, leiser zu sein, wird er erst verhöhnt, dann provoziert und bald gerät die Konfrontation ausser Kontrolle.
Der britische Regisseur James Watkins, der mit dem Film sein Regiedebüt feierte, versteht es geschickt, die Erwartungen des Publikums konsequent zu unterlaufen. Dies unter anderem auch, in dem er die Opfer-Täter-Rollen perspektivisch verwischt. Das Ergebnis ist ein bis zum Schluss erschütternd-düsterer Alptraum, der schonungslos die Bösartigkeit einer kaputten Gesellschaft offenbart. Realistisch, qualvoll und der blanke Horror.
Im Sommer 2022 wurde der Film nach unverständlich-langen 13 Jahren Uncut-Verbot endlich vom deutschen Index gestrichen.
91 Min, en/de, digital
Regie: James Watkins
So 15. Oktober 2023 • 19:30 Uhr
Ichi the Killer
Der Yakuza-Boss Anjo verschwindet auf mysteriöse Weise und mit ihm 100 Millionen Yen. Das ruft seine rechte Hand, den extrem sadistischen Kakihara auf den Plan, der sich nach Mann und Geld auf die Suche macht. Was ihn ausserdem antreibt: Anjo war der einzige, der den zudem masochistisch veranlagten Kakihara quälen durfte. Schnell macht sich letzterer bei seinen «Nachforschungen» Feinde unter den anderen Yakuza, denn seine Verhörmethoden bestehen in der Regel aus den übelsten Foltermethoden.
Währenddessen zieht ein Kerl im Superheldenkostüm namens Ichi eine blutige Spur nach sich, indem er sämtliche Bandenmitglieder aufs Übelste niedermetzelt. Ichi selbst steht unter Hypnose und wird von Jijii (Kultregisseur Shin’ya Tsukamoto – «Tetsuo: The Iron Man») kontrolliert, einem finsteren Superhirn, das seine eigenen Pläne verfolgt und ihn unaufhaltsam zu einem Showdown mit Kakihara führt.
Takashi Miikes ultra-brutale und zynische Manga-Verfilmung ist bis heute in vielen Ländern verboten und nur in gekürzter Fassung erhältlich. Japanisches Extremkino, das uns nicht nur mit der Verweigerung einer Identifikationsfigur provoziert, sondern auch mit unserer Sucht nach und unserer «Mittäterschaft» an filmischer Gewalt – verpackt in eine verstörende Absurdität. Wir zeigen «Ichi» als einzigen Film im Programm, der immer noch auf dem Index weilt, in der ungekürzten, von Miike autorisierten Fassung.
129 Min, jp/de, digital
Regie: Takashi Miike
So 22. Oktober 2023 • 19:30 Uhr
Re-Animator
Frei nach H.P. Lovecraft: Zwei Medizinstudenten versuchen mittels eines neon-gelben Serums Leichen wieder zum Leben zu erwecken.
Theater-Regisseur Stuart Gordon versuchte sich hier erstmals im Filmgeschäft und schuf einen der grossen Klassiker der Splatter-Welle. Die Balance zwischen Humor und Horror stimmt, die Effekte sind trotz kleinem Budget auch knapp 40 Jahre später immer noch atemberaubend, und sowohl Charakterdarsteller Jeff Combs als auch Scream Queen Barbara Crampton starteten hier ihre bis heute andauernden Karrieren.
86 Min, en/de, digital
Regie: Stuart Gordon
So 29. Oktober 2023 • 19:30 Uhr
Story of Ricky
Im Jahr 2001 werden staatliche Einrichtungen weltweit privatisiert, um Geld zu sparen. Das führt dazu, dass die Gefängnisse meist von korrupten Unternehmen geleitet werden, die Geld verdienen wollen. Für die Gefangenen heisst das, sie sind auf sich allein gestellt in einem Kreislauf aus Gewalt und Unterdrückung.
Damit konfrontiert sieht sich auch der junge Ricky, der unschuldig hinter Gittern wandert, weil ihm der Mord an seiner Freundin angehängt wird. Doch er denkt gar nicht daran, sich vom korrupten System einschüchtern zu lassen, was ihm den Zorn des Gefängnisdirektors einbringt. Zum Glück ist Ricky ein mit übermenschlichen Kräften ausgestatteter Qigong-Meisterschüler und haut allen eins ordentlich auf die Mütze, die ihm blöd kommen.
Und noch eine Manga-Verfilmung. Basierend auf dem gleichnamigen japanischen Manga von Masahiko Takajo und Saruwatari Tetsuya landete die Action-Dystopie «Riki-Oh: The Story of Ricky» in einigen Ländern für seine exzessive Gewaltdarstellung auf dem Index. In Deutschland wurde die Beschlagnahmung und Indizierung erst Ende 2022 aufgehoben. Der Film ist darüber hinaus aber auch unglaublich witzig, weil gnadenlos übertrieben – hier werden Menschen von Eingeweiden erwürgt!
«Riki-Oh: Story of Ricky» ist eine unterhaltsame, überdrehte Mischung aus Martial-Arts, Exploitation und Splatter. Ein absoluter Kultfilm, der durch seine geballte Gewalt und seines grossen Unterhaltungswerts wegen in Erinnerung bleibt.
91 Min, ov/de, digital
Regie: Lam Ngai Kai