Systeme bestehen aus Elementen, die in geordneter und funktionaler Beziehung zueinander stehen. Dies trifft auf das kapitalistische System zu. Diese Reihe beabsichtigt einzelne Elemente hervorzuheben und wo möglich, Zusammenhänge und ihre Gründe und daraus resultierende Konsequenzen aufzuzeigen. Selektive Betonung ist unumgänglich, da es vermessen wäre, ein derart durchdringendes und komplexes System, wie der Kapitalismus es ist, anhand von vier Filmen in seiner Gänze auszuzeichnen.
Eröffnet wird das Programm mit «Oeconomia», der versucht mittels grundlegenden Fragen peu à peu die Architektur und Funktionsweise des modernen kapitalistischen Wirtschaftssystems freizulegen. Von besonderem Interesse ist dabei die Frage, wie Geld geschaffen wird und wie Banken arbeiten. Daran schliessen sich Fragen an, wie es zu wirtschaftlichem Wachstum, Verschuldung und Inflation kommen kann. Durch Interviews mit Experten – also mit jenen, von denen wir klare Antworten erwarten würden – merken wir, dass die einfachen Fragen oft die schwierigsten sind. «Oeconomia» stellt komplexe wirtschaftliche Prozesse verständlich dar und kommt zu einer für unsere Thematik ersten zentralen Aussage: Das kapitalistische System ist ein auf endlosem Wachstum basierendes System, das sowohl soziale Ungleichheiten, also auch ökologische Ausbeutungsprozesse zwangsläufig bedingt.
«The Driven Ones» gewährt uns Einblick in den Geist jener Menschen, die nach beruflichem Erfolg streben, das heisst deren Motto «Going for the top» lautet. Doch wer sind sie wirklich, woher kommen sie und was motiviert sie? Der Film erforscht ihre Werte, Träume und die Opfer, die ihr Weg verlangt. Wir sehen einen tiefenanalytischen Langzeitdokumentarfilm, der die Wirtschaftselite von morgen porträtiert. Ihre Entscheidungen und Ambitionen beeinflussen die Strukturen der Arbeitswelt und unser Konsumverhalten, also letztlich die Art und Weise, wie unser Leben gestaltet ist. Aber inwiefern muss die Wirtschaft Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen? Der Film trägt diese Frage an jene heran, deren Entscheidungen selbst vom Streben nach Macht getrieben ist.
Mit Karl Saurers «Ruhe» nehmen wir die Teilnehmerperspektive von jungen Menschen nach 1968 ein, die sich mit dem gewohnten Modus Operandi des Systems nicht abgeben wollen und für ihre Rechte und Anliegen debattieren, demonstrieren und Alternativen aufzeigen. Ihre Forderungen nach bezahlbarem städtischen Wohnraum, Gleichstellung oder einer rassismusfreien Gesellschaft haben an Aktualität nichts einbüsst. Der Film ist vor dem Hintergrund eines auf Ruhe und Ordnung angewiesenen, aber auch unruhestiftenden Systems entstanden, was sich konsequenterweise auf die Art und Weise unserer Sozialisationprozesse auswirkt. Ruhe und Ordnung, so eine Feststellung des Films, sind kapitalistisch bedingte Verhaltensweisen, die es zu übernehmen gilt, soll das System reibungslos funktionieren.
«Parasite» ist ein Meisterwerk, das sich nicht in ein Genre einordnen lässt: Der Film ist zugleich Thriller, Komödie, Drama und Satire. Diese bildgewaltig inszenierte Mischung vermag bestechend auf verschiedenen und teilweise sehr subtilen Ebenen Sozialkritik zu üben.