Sei donne per l’assassino (Blutige Seide)

Eine Adelige führt zusammen mit ihrem Liebhaber eine Modelagentur. Dort wird ein Mannequin nach dem anderen ermordet. Der ermittelnde Inspektor tappt im Dunkeln. Eine schwarze Handtasche und ein Tagebuch voller brisanter Details spielen hierbei eine wichtige Rolle. Ein Giallo-Programm ohne den Urvater des Genres geht nicht – denn mit diesem Film legte Mario Bava quasi den Grundstein zur Prägung des italienischen Horrorthrillers. In «Sei donne per l’assassino» finden sich schon einige der später vertrauten Tropen des Giallo, wie Neonlicht, dynamische Kameraführung, schräge Perspektiven, geteilte Dioptrien und voyeuristische Point-of-View-Aufnahmen. Und auch die Gewalt kommt nicht zu kurz. Diese wird hier interessanterweise nicht durch Rachegelüste oder psychologische Traumata ausgelöst, sondern trägt viel banalere menschliche Züge. Die Spannung liegt jedoch in erster Linie auf den zwischenmenschlichen Konflikten der Figuren. Die Morde sind in ein fesselndes Mysterium eingeflochten – einen verwirrenden, unvorhersehbaren Krimi, der sich um skandalöse Affären, Drogenmissbrauch, Intrigen, Erpressung und Verrat dreht. Eine melodramatische Seifenoper, die Hitchcock Respekt zollt. Der sadistische, doch dem Ambiente angemessene modebewusste Mörder – gekleidet in einen schwarzen Filzhut, einen weiten Trenchcoat und eine unheimliche weisse Maske – ist unbestreitbar ikonisch, aber die Enthüllung seiner Identität und das erschütternde Ende sind noch viel ikonischer. «Sei donne per l’assassino» ist mit seinen halluzinatorischen Bildern, der surrealen Atmosphäre ein fesselndes, unverzichtbares und völlig einzigartiges Horror-Meisterwerk.

IT 1964
86 Min, it/en, digital
Regie: Mario Bava