Programm

Wo- Wo- Wohnige?!

In vielen Städten rund um die Welt werden Menschen aus ihren angestammten Lebensräumen verdrängt; sie können sich das Leben dort nicht mehr leisten. Gerade in Städten und Regionen, die eigentlich von wirtschaftlichem Wachstum profitieren, sind besonders viele betroffen. Wohnungsnot ist in aller Munde. Politiker:innen, Journalist:innen und Planer:innen überschlagen sich regelrecht mit Lösungsvorschlägen: es brauche mehr Wohnungsbau, ein weniger stark reguliertes Bauwesen, eine investorenfreundliche Politik. Dass dabei wenig günstiger Wohnraum entsteht, während Lofts leerstehen, findet selten Erwähnung.
Es ist uns in diesem Programm ein Anliegen, Menschen zu Wort kommen zu lassen, welche von Wohnungsverlust und Verdrängung bedroht sind und die Perspektiven derjenigen zu zeigen, welche als Erstes von Verdrängung und Vertreibung betroffen sind.
So handelt «Gagarine» vom Teenager Youri, welcher in einem Wohnkomplex in der titelgebenden Sozialsiedlung lebt. Die Siedlung soll wegen Baufälligkeit abgerissen werden, doch Youri setzt alles daran, den bevorstehenden Rückbau doch noch abzuwenden.
Die Geschichte ist fiktiv, doch der Hintergrund ist real: Bei Gagarine handelte es sich um eine reale Vorstadtsiedlung im Pariser Ortsteil Ivry-sur-Seine, welche aufgrund von mangelnder Instandhaltung schliesslich abgerissen wurde. In der Siedlung lebten vor allen Dingen Menschen, welche sich aufgrund ihres geringen Einkommens eine eigene Wohnung nur mit staatlicher Unterstützung leisten konnten. Nach der Errichtung in den 60ern noch gefeiert, litt die Siedlung mit der Zeit immer mehr unter Verfall, die Umgebung hatte einen schlechten Ruf. Trotz alledem richtet sich die Siedlung, welche an Stelle von Gagarine entsteht, an ein zahlungskräftigeres Klientel. Nur noch 30% der neuen Wohnungen werden für Geringverdienende gebaut; zusammen mit der neuen Siedlung werden unter anderem Parks und ein Urban Gardening-Projekt geplant.
Solcherart Aufwertung wird auch in «The Green Divide» thematisiert, vor allen Dingen wirft der Film ein Schlaglicht auf die Ungerechtigkeit von Aufwertungsprozessen: alle wollen grüne Städte, einen funktionierenden öffentlichen Verkehr, moderne Wohnungen. Doch viele Investitionen in Infrastruktur und urbane Lebensqualität werden nicht getätigt, um Städte lebenswerter für Bewohnende zu machen, sondern, um sie attraktiver für Investor:innen zu machen.
Aus dem Bedürfnis nicht nur nach Wohnen, sondern nach Lebensraum wird Geld gemacht. So manchem wird so der Zugang zu einem Grundbedürfnis verwehrt.
Das illustriert «Kleine Heimat». Zwei ältere Frauen leben schon fast ihr ganzes Leben in einer kleinen Siedlung am Stadtrand von Zürich. Als ihnen nach sieben Jahrzehnten gekündigt wird, gibt es nicht mehr viel, was sie tun können: sie müssen sich mit über 90 noch einmal eine neue Wohnung suchen. Diese Hilflosigkeit und Machtlosigkeit, welche Betroffene von Gentrifizierung und Vertreibung erleben, beschäftigen uns besonders. Vor allen Dingen, wenn Menschen am Schluss mit der Überzeugung zurückbleiben, dass sie nicht an den Ort gehören, welchen sie lange Zeit als ihren Lebensmittelpunkt betrachtet haben…
Es gibt allerdings Bewegungen, welche sich gegen Wohnungsnot einsetzen, und das ohne jede Art von Defätismus: «Allein machen sie dich ein» und «Table, Bed, Chair» dokumentieren Bestrebungen aus den Hausbesetzerbewegungen in Zürich und Amsterdam, leistbaren und lebenswerten Wohnraum zu sichern. Dabei bleibt häufig kein Auge trocken.

Die Vorstellung vom 14.9. wird mit einer Einleitung der Häuservernetzung Winterthur eröffnet. Am 28.9. findet nach der Filmvorstellung ein Podium mit Vertreter:innen der IGBBSL und der Bewegung gegen die Wohnkrise aus Winterthur und Zürich statt.

– Infos zur Häuservernetzung Winterthur: wohnraumverteidigen.noblogs.org
– Infos zur IGBBSL: igbbsl.wordpress.com

Programmation: Die IGBBSL zusammen mit der Häuservernetzung Winterthur und dem Kino Nische

So 07. September 2025 • 19:30 Uhr

Gagarine

«Gagarine» handelt vom Teenager Youri, welcher in einem Wohnkomplex in der titelgebenden Sozialsiedlung lebt. Die Siedlung soll wegen Baufälligkeit abgerissen werden, doch Youri setzt alles daran, den bevorstehenden Rückbau doch noch abzuwenden. Als sich Diskussionen mit Behördenvertretern als fruchtlos erweisen und Youri seinen Widerstand gegen das Unvermeidliche aufgeben muss, fängt er an, sich immer mehr in Traumwelten zurückzuziehen…
Der Film wurde 2019 kurz vor deren Abriss in der real existierenden Sozialsiedlung Gagarine gedreht. Der Film lässt so Realität und Fiktion verschmelzen; wer hier allerdings ein düsteres Banlieue-Sozialdrama wie «La Haine» oder «Les Misérables» erwartet, könnte überrascht werden: Der Erzählstil von Gagarine ist träumerisch-verspielt, und steht so in starkem Kontrast zur Kulisse der trostlos-grauen Pariser Sozialsiedlung. Die Probleme, von welchen Gagarine erzählt, sind allerdings unmittelbar aus dem Leben gegriffen: Die Bewohnenden von Gagarine sind überwiegend arm und führen kein privilegiertes Leben in dem heruntergekommenen Wohnkomplex. Trotzdem nennen sie diesen Ort ihr Zuhause. Als Beamt:innen der Pariser Baubehörde die bröckelnden Gebäude inspizieren, sagt einer der Bewohner: «Wir sind wütend, doch wir sind glücklich hier». Mit dem Abriss der Siedlung verlieren sie etwas vom Letzten, was sie noch haben.

Frankreich 2020
98 Min, ov/de, digital
Regie: Fanny Liatard, Jérémy Trouilh
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So 14. September 2025 • 19:30 Uhr

Allein machen sie dich ein Teil 5

Wohnungsnot ist ein wiederkehrendes Problem. Für diese Erkenntnis muss man nicht Engels lesen. Doch wie haben sich Menschen organisiert, um solchen Krisen entgegenzutreten? Haben sie Lösungen oder Therapien gefunden? Und wenn ja, welche Bedeutung haben die heute noch? Teil 5 von Mischa Brutschins Filmreihe über Hausbesetzer:innen in Zürich portraitiert die Wohnungsnotbewegung, welche Ende der 80er-Jahre sehr aktiv war.

Schweiz 2010
46 Min, de, digital
Regie: Mischa Brutschin
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So 14. September 2025 • 19:30 Uhr

Table, Bed, Chair

Amsterdam ist einer der Tourismushotspots in Europa. Das macht die Stadt schon länger interessant für Immobilienspekulation. Leistbarer Wohnraum ist immer schwieriger zu finden. «Table, Bed, Chair» dokumentiert die Bestrebungen von Aktivist:innen aus der lokalen Hausbesetzerszene, dem etwas entgegenzusetzen. Der Film zeigt einerseits, dass ein Recht auf Wohnen für alle auch einen rechtlichen Rahmen bedingt, in welchem dieser Anspruch durchgesetzt werden kann. Diese Voraussetzungen waren in den Niederlanden lange Zeit besser als im restlichen Europa. Vor allen Dingen braucht es aber auch Menschen, welche sich unermüdlich dafür einsetzen, dass niederschwellig zugänglicher Wohnraum für alle langfristig erhalten bleibt.

Österreich/Niederlande 2004/2007
31 Min, ov/de, digital
Regie: Robert Hack
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So 21. September 2025 • 19:30 Uhr

Kleine Heimat

Vertreibung und Wohnungsverlust betreffen nicht nur junge Mietende und Familien mit Kindern, welche an zentraler Lage wohnen. Das zeigt Regisseur Hans Haldimann in «Kleine Heimat», wo er die Mühen zweier älterer Frauen dokumentiert, denen gerade ihre Wohnung gekündigt worden ist.
Hanni und Rosa leben schon fast ihr ganzes Leben in einer kleinen Siedlung in Leimbach am Stadtrand von Zürich. Als sich ihre Vermieterin, die Zurich Versicherung, dazu entscheidet, die alte Siedlung abzureissen und mit einer neuen Überbauung zu ersetzen, erwartet man so etwas wie Zorn oder zumindest passiven Widerstand bei den beiden langjährigen Bewohnerinnen. Doch ihre Haltung schwankt eher zwischen Resignation und leiser Hoffnung.
Obwohl engagiert und politisch, hält sich der Film zurück mit lauten Tönen. Teilnehmend, aber unaufdringlich folgt er den beiden Protagonistinnen, die uns davon erzählen, welche Bedeutung dieses unscheinbare Zürcher Quartier für sie hat.

Mit Filmgespräch mit Hans Haldimann.

Schweiz 2021
95 Min, de, digital
Regie: Hans Haldimann
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So 28. September 2025 • 19:30 Uhr

The Green Divide

Begrünung und der Bau von Parks kommen der Lebensqualität in Städten zugute. Doch was, wenn die Verbesserung der Lebensqualität nicht Zweck dieser Unterfangen ist, sondern nur Mittel zum Zweck? Was ist dann der Zweck? Cash. Ziemlich sicher.
«The Green Divide», welcher auf einer mehrjährigen Studie des Barcelona Lab for Urban Environmental Justice and Sustainability der Autonomen Universität Barcelona (https://www.bcnuej.org/) basiert, befasst sich mit dem Phänomen der grünen Gentrifizierung. In sechs Städten in Europa und Amerika untersucht die Doku, inwiefern die Aufwertung (ehemaliger) Arbeiterquartiere auch den Menschen zugute kommt, welche dort leben, und befragt Betroffene von Verdrängung sowie Angehörige von Bürgerkommittees, welche sich für intakte Quartiere und Gemeinschaften starkmachen.

Nach dem Film gibt es ein Podium mit Vertreter:innen der IGBBSL und der Bewegung gegen die Wohnkrise aus Winterthur und Zürich.

 

Katalonien 2024
42 Min, ov/en, digital
Regie: Alberto Bougleux
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Di 30. September 2025 • 19:30 Uhr

SPEZIALVERANSTALTUNG: Konzert Paul Geigerzähler

Paul Geigerzähler, im Herzen ein Punk, aber mit Geige ausgestattet, spielt am 30.9. im Kino Nische. Das Konzert findet nicht von ungefähr im Kinosaal statt: Geigerzähler, selber Musiker sorbischer Herkunft, wird mit seiner Geige Musik zu Kurzfilmen aus dem sorbischen Kulturraum spielen, welche während dem Auftritt live projeziert werden. Weitere Songs aus seinem nicht schmalen musikalischen Werk sollte es auch noch zu hören geben. Wir freuen uns!

 

Türöffnung: 19:00

Konzertbeginn: 19:30

Pause mit Barbetrieb: ca. 20:30

Beginn zweites Set: ca. 21:30

Ende: ca. 22:30

 


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Regie:
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